Große Batteriespeicheranlagen werden weltweit zunehmend errichtet. Das U.S. Department of Energy hat mehr als 1.600 weltweite Speicheranlagenprojekte verzeichnet, davon knapp 600 Anlagen mit Lithiumbatterien.1 In Australien sind zurzeit ca. 56 Anlagen mit einer Leistung von jeweils mehr als 10 MW und einer Speicherkapazität von über 10 MWh errichtet worden oder werden geplant.2 Sie sollen den Ausbau erneuerbarer Energien unterstützen und Leistungsschwankungen im Netz ausgleichen.
Da diese Technologie recht neu ist, liegen aus versicherungstechnischer Sicht bis jetzt nur in begrenztem Umfang Informationen vor, die es erlauben, das Gefährdungspotenzial, das von solchen Großbatteriespeichern ausgeht, zu bewerten. Der vorliegende Artikel erläutert die Gründe für den vermehrten Aufbau solcher Batteriespeicheranlagen, berichtet über einige bereits eingetretene Schäden und zeigt präventive Brandschutzmaßnahmen anhand der bisherigen Schadenerfahrungen auf. Abgerundet wird der Beitrag mit Hinweisen für das Underwriting sowie einer Einschätzung des Gefährdungsexposures aus Sicht der Sachversicherung.
Was sind Großbatteriespeicher?
Obwohl man sie streng genommen als Großakkumulatorenspeicher bezeichnen müsste, denn es handelt sich um wiederaufladbare elektrochemische Energiespeicher, hat sich in der Literatur und im Sprachgebrauch der Begriff Großbatteriespeichersystem/-anlage eingebürgert. Dabei handelt es sich um stationäre Speichersysteme aus einem oder mehreren Modulen, in denen Akkumulatoren zu Gruppen zusammengefasst sind. Die einzelnen Batterien füllen dabei meist raumhohe Racks aus. Die Speicherkapazität wird nahezu nur von dem zur Verfügung stehenden Platz für die Unterbringung der Speichermodule limitiert.
Als Großbatteriespeicher bezeichnet man Anlagen mit Speicherkapazitäten ab ca. 50 kWh. Zurzeit bestehen sie vorwiegend aus Lithium-Ionen-Akkumulatoren, aber auch andere Akkumulatorentypen finden Verwendung. In diesem Artikel soll im Wesentlichen auf Batteriespeicheranlagen unter Verwendung von Lithium-Ionen-Akkumulatoren eingegangen werde, da sie spezielle Herausforderungen darstellen.
Lithium-Ionen-Großbatteriespeicher werden für unterschiedliche Anwendungen, meist im Zusammenhang mit der Erzeugung erneuerbarer Energie sowie im industriellen und gewerblichen Bereich, in Kraftwerken, für Netzanwendungen und bei der Schnellladeinfrastruktur eingesetzt.3 Sie werden als eigenständige Objekte im Freien oder innerhalb von Gebäuden errichtet. Ein Großspeichersystem enthält alle zum Betrieb notwendigen Komponenten (Batteriesystem, Leistungselektronik, Energiemanagement, Löscheinrichtung, Klimatisierung, Container etc.).
In den nächsten Jahren ist mit einer stark steigenden Anzahl derartiger Anlagen zu rechnen,4 da sie relativ einfach und preiswert zu bauen, zu installieren, zu unterhalten und zu betreiben sind. Sie stellen eine einfache und günstige Alternative zur Stromnetzstabilisierung (peak shaving), Stromspeicherung sowie zur Bewältigung von Spitzen- und Tiefpunkten bei der Energieerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern dar.5 Beispielsweise kann so überschüssige Windenergie – wenn die optimalen Bedingungen für die Stromerzeugung nicht mit den Nachfragespitzen zusammenfallen – gespeichert und in Spitzenzeiten ins Netz abgegeben werden. Bei steigendem Energiebedarf, einer wetterabhängigen Einspeisung und einer wachsenden Anzahl fluktuierender Energieerzeuger sollen sie die erforderliche Versorgungssicherheit und -qualität dauerhaft sicherstellen.
Laut einer Studie von Navigant Research werden bis zum Jahr 2028 mehr als 28 GW an Lithiumbatterien für stationäre Speicheranwendungen eingesetzt.6
Neben den Lithium-Ionen-Batterien, die meist auf Lithium-Eisen-Phosphat oder Lithium- Nickel-Mangan-Cobalt basieren, kommen auch andere Batteriesysteme zum Einsatz; so wird zurzeit beispielsweise der Aufbau von Batteriesystem mit Natrium-Ionen‑7 sowie Eisen-Luft-Zellen8 diskutiert. Da sich der Akkumulatoren-/Batteriemarkt gerade in einer stürmischen Entwicklungsphase befindet, sind weitere Großbatterieanlagen mit unterschiedlicher Technologie und Effizienz zu erwarten.
Schadenereignisse
Mit ihrer zunehmenden Verbreitung haben sich in den letzten Jahren bereits einige Brände in Großbatteriespeicheranlagen ereignet:
- In Südkorea gab es zwischen 2017 und 2019 23 größere Brände mit einem Schadenaufwand von insgesamt mehr als USD 32 Mio.9
- In Europa wurden im Jahr 2017 in Belgien,10 und 2020 in Liverpool11 Schäden bekannt.
- In den USA12 hat ein Explosions-/Feuerschaden im Jahr 2019, der zwei Feuerwehrleuten das Leben kostete, ereignete sich in einer seit 2018/2019 betriebenen 20‑MW-Anlage, bestehend aus drei modularen Batteriecontainern und einem Schaltanlagencontainer.
- In Peking13 ereignete sich im April 2021 ein weiterer Schaden, als in einer 25‑MWh-Energiespeicheranlage mit Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien ein Brand ausbrach; als Ursache vermutet man Abnutzung und Verschleiß.
- Im australischen Bundesstaat Victoria geriet am 30. August 2021 bei einer der mit 300 MW/450 MWh Kapazität weltweit größten Speicheranlagen eines der Lithium-Ionen-Batteriemodule während eines Testlaufs in Brand.14 Rund 150 Feuerwehrleute mit mehr als 30 Fahrzeugen wurden für die Brandbekämpfung eingesetzt. Das Feuer begann in einem 13 Tonnen schweren Modul mit einer Leistung von 3 MWh, das in einem ca. 15 m langen Container untergebracht war, und griff dann auf einen benachbarten Container über.
- In Kalifornien ereignete sich am 4. September 2021 ein weiterer Schaden in der derzeit weltweit größten Batteriespeicheranlage, die in einem ehemaligen Gaswerk betrieben wird.15 Dort kam es zu einem Überhitzungsvorfall an mehreren Lithium-Ionen-Batteriemodulen. Aufgrund vorhandener Sicherheitsvorkehrungen und gezielter Kühlmaßnahmen durch Auslösung von Sprinklern sowie der vorsorglichen Anwesenheit der örtlichen Feuerwehr konnte Schlimmeres verhindert werden. Die betroffene Anlage wurde abgeschaltet, um die Schadenursache für die Überhitzung zu untersuchen, die betroffenen Module zu reparieren und schnellstmöglich wieder in Betrieb zu nehmen.
Auch wenn es sich nicht um eine Großbatteriespeicheranlage handelte, ist zu erwähnen, dass sich in den USA Anfang Juli 202116 in einem Lagergebäude ein Schaden ereignete, als mehr als 200.000 Lithium-Ionen-Batterien (von Batterien für Mobiltelefone bis zu Autobatterie-Packs) in Brand gerieten, was zu zahlreichen Explosionen führte. Aufgrund der enormen Entwicklung von Rauch und Schadstoffwolken mussten mehr als 1.000 Personen evakuiert werden. Die Feuerwehr behalf sich dabei mit Tonnen von trockenem Portlandzement17, um den Brand unter Kontrolle zu bringen.
Schadenursachen
Die Auslöser für Schäden an derartigen Anlagen können vielfältig sein – von Produktionsfehlern bei der Zellenherstellung bis hin zu äußeren Einwirkungen. Bei der Untersuchung der südkoreanischen Brände in den Jahren 2017–2019 ergaben sich vier typische Ursachen:18
- unzureichende Batterieschutzsysteme gegen Überspannung
- kein angemessenes Management des betrieblichen Umfelds
- fehlerhafte Installation
- unzureichende Schutz- und Steuerungssysteme
Allgemein lassen sich eine Vielzahl von Schadenursachen feststellen:
- thermische Ereignisse wie Temperaturerhöhung durch Ausfall des Klimatisierungs-/Lüftungssystems oder falscher Auslegungsparameter
- elektrische Ereignisse, z. B. ein Kurzschluss aufgrund eines Defekts in der Batteriezelle, Überspannungsladung
- mechanische Ereignisse, beispielsweise Versagen aufgrund mechanischer Schäden an einer Zelle während des Herstellungs- oder Installationsprozesses oder des Betriebs
Diese Ereignisse können aufgrund exothermer Reaktionen zu einem thermischen Durchgehen der Zelle führen (neudeutsch: Thermal-Runaway)19, eine Kettenreaktion, die zu einer Zersetzungsreaktion mit einer massiven Wärme- und Gasentwicklung in der Zelle führt, die sich dann schnell auf benachbarte Zellen ausbreitet. Hat dieser Vorgang einmal begonnen, ist er nur schwer zu stoppen. Bei der Verbrennung werden große Mengen an Wärme sowie brennbare und giftige Gase, wie Kohlenmonoxid (CO), Chlorwasserstoff (HCl), Fluorwasserstoff Fluorid (HF), aber auch Schwermetallverbindungen, freigesetzt. Die Bildung brennbarer Gase kann innerhalb eines Batterieraums oder Containers zu einer explosionsfähigen Atmosphäre führen.
Brände, die durch exotherme Reaktionen ausgelöst werden, verlaufen aufgrund der verwendeten Zellenmaterialien schnell, intensiv und mit massiver Rauchentwicklung. Bei einem thermischen Durchgehen ist eine schnelle Löschung nicht möglich, es verbleibt nur die Option, durch kontinuierliche Kühlung den Prozess zu stoppen. Die bei einem derartigen Brand freiwerdende Energie beträgt zurzeit bis zum Zehnfachen der elektrochemisch gespeicherten Energie von Lithium-Ionen-Zellen. Da es sich um eine chemische Reaktion von Zellenkomponenten handelt, ist zu beachten, dass nach Einstellen der Kühlmaßnahmen jederzeit, auch nach Stunden oder Tagen, eine erneute Entzündung auftreten kann, lange nachdem das Feuer vermeintlich gelöscht ist. Dem kann nur durch intensives und dauerhaftes Kühlen der betroffenen Zellen oder Quarantänelagerung der beschädigten Zellen entgegengewirkt werden, bis sämtliche elektrische Energie aus den Zellen entladen ist. Versuche, die Brandauswirkungen mit Löschanlagen, z. B. Sprüh- oder Sprinkleranlagen, in Grenzen zu halten, zeigen Erfolge, können aber den Brandherd nur kühlen, nicht löschen. Bei Autos wendet man deshalb teilweise eine brutal anmutende Methode an, indem man ein brennendes E‑Fahrzeug in einem mit Wasser gefüllten Container versenkt.
Brandschutz
Da eine Brandbekämpfung bei Lithium-Ionen-Batterien schwierig ist, ist es umso wichtiger, durch vorbeugende Maßnahmen sicherzustellen, dass es erst gar nicht zu solchen Ereignissen kommt bzw. sich die Auswirkungen eines solchen Ereignisses in Grenzen halten. Weltweit wurden daher eine Reihe von Richtlinien und Normen entwickelt oder werden noch diskutiert.20 So gibt es z. B. Vorschläge für räumliche Abstände zwischen modularen Batteriesystemen sowie für die Errichtung, Bauweise und mögliche Schutzvorkehrungen.
Planung und bauliche Maßnahmen
Eine große Rolle spielt die Frage, ob die Großspeicheranlage in einem Gebäude oder im Freien untergebracht wird. Wie bisherige Schäden zeigen, hat die Feuerwehr im freien Gelände allein schon wegen der besseren Zugänglichkeit deutlich mehr Möglichkeiten zur Brandbekämpfung als bei einer Anlage, die sich in einem Gebäude befindet.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, die einzelnen Großspeichermodule/-container so zu trennen, dass bei einem Brand eines Moduls/Containers eine Brandausbreitung auf die benachbarten Module/Container verhindert wird. Bei im Freien aufgestellten Anlagen sollte der Abstand mindestens 20 m betragen. Dies ermöglicht der Feuerwehr, rund um den betreffenden Container sog. Riegelstellungen aufzubauen.
Bei der Unterbringung in Gebäuden sollte sich der Großspeicherbereich möglichst an einer Gebäudeaußenseite befinden und über eine gute Zugangsmöglichkeit von außen verfügen; ferner sollte er vom übrigen Gebäude durch Brandwände abgetrennt oder zumindest als feuerbeständig abgetrennter Raum konstruiert sein. Innerhalb eines solchen Raums sollte die Anlage durch weitere Brand- oder feuerbeständige Wände in mehrere kleinere Abschnitte unterteilt werden, um ein Übergreifen eines Brands auf die Gesamtanlage zu erschweren oder zu unterbinden.
Weiterhin wird empfohlen, die anderen wichtigen Anlagen, d. h. Transformatoren, Wechselrichter und Unterstationen, von den eigentlichen Batteriemodulen/Anlagen räumlich bzw. baulich zu trennen, um einen Brandübersprung zu verhindern.
Im Bereich der Großspeicheranlage sollte die Brandlast so gering wie möglich gehalten werden; bei einer Unterbringung in Gebäuden ist eine massive feuerbeständige Bauweise aus nicht brennbaren Bauteilen vorzuziehen. Zudem sollten für die Isolierung der Batteriecontainer und die Wahl der Belüftungs- und Löschsysteme nicht brennbare Materialien verwendet werden.
Da die Gefahr einer Explosion während eines Brands nicht auszuschließen ist, empfiehlt es sich, entsprechende Druckentlastungsöffnungen in den Containern oder Gebäuden vorzusehen, um den entstehenden Druck ungefährdet in die Umgebung zu entlassen.
Technische Maßnahmen
Die größten Chancen, einen Batteriebrand unter Kontrolle zu bringen, bestehen bei einem frühestmöglichen Eingreifen der Feuerwehr, am besten noch in der Entstehungsphase. Um dies zu gewährleisten sind folgende Maßnahmen zu empfehlen:
- Installation einer Brandmeldeanlage
Standard-Brandmeldeanlagen haben sich nach ersten Erkenntnissen zum Identifizieren und Warnen vor einem beginnenden Brand in einem Großspeichermodul als weniger zielführend erwiesen, da zur Einhaltung der Betriebstemperatur eine permanente Klimatisierung erforderlich ist. Dies führt zu einer starken Verdünnung von freiwerdenden Rauchgasen, was wiederum zu einer verzögerten Alarmierung führen kann. Da die Wärme-/Brandentwicklung schnell voranschreitet, empfiehlt sich die Ansaugrauchmeldertechnik. Der Alarm sollte als Mindestanforderung auf eine rund um die Uhr besetzte Stelle aufgeschaltet sein, besser direkt zur Leitstelle der Feuerwehr, um eine unverzügliche Einleitung der Löschmaßnahmen sicherzustellen. Mit Auslösung des Brandmeldesystems sollte, soweit vorhanden, auch eine automatische Löschanlage ausgelöst sowie die Batterieanlage spannungsfrei geschaltet werden. - Um eine frühestmögliche Alarmmeldung über ein einsetzendes thermisches Durchgehen sicherzustellen und damit den Brand auf den Ausbruchcontainer zu begrenzen, sollten zusätzliche Überwachungsmaßnahmen durch spezifische Wärmebildkameras, Gasmelder und Temperatursensoren wie Kohlenmonoxid(CO)- sowie Wasserstoff-Gasmelder, Temperatur- und Luftqualitätsüberwachungssensoren vorgesehen werden. Bei einem internen Batteriefehler werden z. B. hochentzündliche Elektrolytgase sowie geringe Mengen Pyrolysegase durch die Erwärmung des Kunststoff-Batteriegehäuses freigesetzt, die auf ein beginnendes thermisches Durchgehen hindeuten. Es ist zu erwarten, dass im Laufe der Zeit weitere und bessere Detektionstechnologien entwickelt werden, um kritische Entwicklungen innerhalb von Zellen und Modulen frühzeitig zu entdecken.
- Ferner empfiehlt es sich, die einzelnen Batterieräume mit einer automatischen Feuerlöschanlage auszurüsten; bewährt haben sich Wasserfeuerlöschanlagen (z. B. Sprinkler- und Sprühwasserlöschanlagen), da sie die betroffenen Batteriepacks kühlen und damit die ablaufende Reaktion verlangsamen bzw. stoppen. Es ist aber zu beachten, dass sich beim Einstellen der Kühlmaßnahmen, z. B. bei Wassermangel, die Reaktion wieder beschleunigen und zu einer erneuten Entzündung führen kann. Andere Löschanlagen, z. B. Aerosole oder gasförmige Löschsysteme, werden häufig in Batteriesystemgehäusen eingesetzt, um elektrische Brände zu unterdrücken, die auf benachbarte Batteriemodule übergreifen könnten. Sie sind jedoch nicht geeignet, Batteriebrände zu löschen oder das Entstehen eines thermisches Durchgehens zu verhindern.
- Die Batterieanlagenräume oder Containermodule sollten, um eine konstante Raum- und Betriebstemperatur entsprechend den Herstellerangaben zu garantieren, über eine angemessene Belüftungs- oder Klimaanlage verfügen. Die Temperaturkontrolle ist für die Langlebigkeit und einen ordnungsgemäßen Betrieb der Batterien essenziell, da die Lebensdauer stark von der Einhaltung einer konstanten Betriebs- und Raumtemperatur abhängt. Deshalb sollte bei Ausfall der Kühl- und Lüftungssysteme ebenfalls ein Alarm ausgelöst werden. Bei einem Brandereignis sollte der Betrieb der Lüftungsanlagen möglichst aufrechterhalten bleiben, um entstehende brennbare und toxische Gase abzuführen, es sei denn, es besteht die Gefahr einer massiven Umwelt‑/Umfeldgefährdung.
- Auch ist darauf zu achten, dass andere Komponenten des Systems wie Kabelanlagen, Klimatisierung, Schaltschränke und Wechselrichter außerhalb der Batterieanlagenräume/-container installiert werden, damit ein dort entstehender Brand nicht auf die Batteriesysteme übergreifen kann.
- Die gesamte Anlage sollte über ein Blitz- und Überspannungsschutzsystem verfügen.
Organisatorische Maßnahmen
Einige der Ursachen für Großspeicherbrände in Südkorea wurden auf eine mangelhafte Bauausführung und die fehlende Erfahrung der Planungs- und Installationsfirmen zurückgeführt. Daher sollten entsprechende Unternehmen sorgfältig ausgewählt und regelmäßige Kontrollen während der Errichtungsphase durchgeführt werden. Ist die Anlage in Betrieb, sollten mithilfe eines festgelegten Wartungsplans monatliche Kontrollen und thermografische Prüfungen vorgenommen werden. Dabei festgestellte Mängel sind unverzüglich zu beseitigen. Für die Aufstellung eines Wartungsplans geben die Herstellervorgaben gute Hinweise für die Inspektion, Prüfung und Wartung der Großspeicheranlage sowie ihrer Komponenten. Beispielsweise zählen dazu die Messung des Innenwiderstands der Zellen, Überprüfung auf ausgetretene Flüssigkeiten, Kraftschlüssigkeit der Verbindungen sowie die Prüfung von Kabeln und Leitungen auf Beschädigung.
Weitere organisatorische Maßnahmen umfassen die Ausweisung der Rettungs- und Fluchtwege, die gleichzeitig auch mögliche Angriffswege für die Feuerwehr darstellen, Ausrüstung und Kennzeichnung von Erstbrandbekämpfungsmitteln, Kennzeichnung der Hydrantenanlage, Einweisung des Bedien- und Wartungspersonals in die besonderen Gefahren sowie weitere organisatorische und betriebliche Brandschutzmaßnahmen, wie sie für jeden gewerblichen Betrieb als angemessen gelten. Dazu gehören u. a. ein Feuerwehrplan, ein Alarmplan sowie ein Desaster-Management- und Business-Continuity‑Plan.
Abwehrmaßnahmen
Um optimale Voraussetzungen für eine schnelle und effiziente Brandbekämpfung durch die Feuerwehr zu schaffen, sollte eine entsprechende Feuerwehrumfahrt vorgesehen werden, die es der Feuerwehr erlaubt, ungefährdet schnelle Gegenmaßnahmen einzuleiten. Hydranten und weitere Löschwasserentnahmemöglichkeiten sollten entsprechend gekennzeichnet und betriebsbereit gehalten werden.
Es hat sich außerdem bewährt, die örtlichen Feuerwehren/Einsatzkräfte von Beginn der Planungen für eine Batteriegroßspeicheranlage an miteinzubeziehen, um deren Bedenken zu verstehen und gemeinsam Notfallstrategien und -einsatzpläne zu entwickeln. Während des Betriebs einer Großspeicheranlage sollte die Feuerwehr regelmäßig mit den Örtlichkeiten und deren Besonderheiten vertraut gemacht werden sowie einmal jährlich eine entsprechende Feuerwehrübung zur Bekämpfung eines Batteriespeicherbrands abgehalten werden. Dabei können die spezifischen Gegebenheiten und Eigenheiten der Anlage besprochen werden. Da solche Anlagen immer noch recht neu sind, ist das Wissen über die optimale Brandbekämpfung nicht überall verfügbar und stellt daher für die Feuerwehr ein schlecht einschätzbares Szenario dar. Themenschwerpunkte sind dabei notwendige Kühlungs-/Löschmaßnahmen, Handhabung von beschädigten Batterien, Auftreten von giftigen und brennbaren Gasen, vorhandene Abschalteinrichtungen der Anlagen.
Wie Schadenfälle in den USA, Südkorea und UK gezeigt haben, können Löscheinsätze bei Batteriespeicherbränden Leib und Leben der Feuerwehrleute bedrohen.
Da bei einem Brand zu erwarten ist, dass durch die notwendige lange Kühlung betroffener Batteriespeicher große Mengen kontaminiertes Löschwasser anfallen, sollte das Grundstück über entsprechende Löschwasserauffangvorrichtungen verfügen, um ein unkontrolliertes Abfließen in die Umgebung zu verhindern.
Weitere Maßnahmen
Nach einem Schadenereignis sollten Batteriespeicheranlagen nicht wieder in Betrieb genommen werden, auch wenn kein direkter Schaden festzustellen ist. Der gesamte betroffene Containerpack sollte ausgetauscht werden, da durch Verschmutzung und Wasser in den Batterien und Wechselrichtern weitere Kurzschlüsse entstehen und sich ggf. selbst entzünden können.
Underwriting-Hinweise
Um eine situationsgerechte Exposureeinschätzung für einen Underwriter zu ermöglichen, sollten, ohne den Anspruch auf Vollzähligkeit, folgende Informationen in Betracht gezogen werden:
- aktueller Besichtigungsbericht
- Adresse, Lage und Standort des Großbatteriespeichers (im Gebäude, im Freien)
- Nachbarschaftsgefährdung (z. B. Pipeline, chemische Anlagen, Tanklager)
- Art, Nutzung und Baujahr der Anlage
- potenzielle Gefährdung durch Naturgefahren (Buschfeuer, Erdbeben, Überschwemmung, Sturm, Erdrutsch, Erdsenkung usw.)
- mögliche politische Gefahren, u. a. SRCC/Strike, Riot, Civil Commotion), Terrorismus, Anschläge
- vorhandene Versicherungen (z. B. Maschinenbruch, Elektronikversicherung)
- gewünschte Versicherung, zugrunde liegendes Wording und Deckungsumfang (benannte Gefahren, Allgefahren-Deckung, Maschinenbruch)
- versicherte Werte und Grundlage der Bewertung sowie der Entschädigungsleistung
- vereinbarte Erstrisikosummen sowie Haftungsbegrenzungen
- vereinbarte Selbstbehalte
- Unterversicherungsregelung
- vereinbarte Deckungserweiterungen, Zusatzbedingungen und Ausschlussklauseln, z. B. Cyber, Krieg, Terrorismus, Maschinenbruch
- vorhandene Schutzvorkehrungen:
- Abstände zwischen den einzelnen Batteriecontainern sowie zu benachbarten Anlagen und Gebäuden
- vorhandene Brandwände
- Unterbringung in Brandabschnitten bzw. zumindest feuerbeständigen Abschnitten
- Brandmelde- und weitere Alarmierungseinrichtungen inklusive Alarmierungsweiterleitung sowie eventuell vorgesehene automatische Abschaltungen der elektrischen Betriebsmittel/‑anlagen
- vorhandene Feuerlöschanlagen
- vorhandene Kühlungs- und Lüftungseinrichtungen, Ausstattung der Container/Räume mit Druckentlastungs- sowie Rauchgas- und Wärmeabführungseinrichtungen
- Löschwasserauffangvorrichtungen, vorhandene Löschwasserversorgungsmöglichkeiten und ‑mengen
- zuständige Feuerwehr (z. B. Art der Feuerwehr, Ortskenntnisse, Übungseinsatz)
- Zugänglichkeit, Angriffs- und Aufstellflächen für die Feuerwehr, Konstruktionsmerkmale der Container/Bauart der Gebäude mit Angabe der verwendeten Materialien, Details zu Wartungs- und Instandhaltungsmanagement, mögliche Schadensfolgen bei Ausfall von Teilen bzw. der gesamten Großspeicheranlage
- Schadenhistorie
- MFL/PML-Schätzung des Besichtigers
Fazit
Wie die Schadenerfahrungen immer wieder zeigen, lassen sich brennende Zellen nach den heutigen Erkenntnissen nicht einfach löschen. Sie bedingen komplexe und langwierige Feuerwehreinsätze. Auch vorbeugende Brandschutzmaßnahmen können nur in einem begrenzten Umfang Schäden abwenden, insbesondere wenn es zu einem thermischen Durchgehen kommt. Die zu erwartenden Schadensfolgen aus Sachversicherungssicht sind nicht unerheblich. Deshalb empfiehlt es sich hier ganz besonders, das Exposure im Rahmen des Underwriting zu ermitteln, zu bewerten und entsprechende Schlüsse für die Prämienberechnung und die Zeichnungskapazität zu ziehen.